Ich sitze auf einem Berg und sehe in die unendliche Weite. Es ist idyllisch und angenehm. In meinem Schoß ein nackter Säugling, neben mir steht die Mutter. Es ist bereits das zweite Mal, dass sie mich mit ihrem Kind besucht. Und ich befinde mich gerade in der zyklischen Phase der Mutter, des Eisprungs (für eine nähere Erklärung s. Blog-Artikel Die Frau und der Mond). Wir genießen unser Zusammensein, bis ich plötzlich ein rotes, welkes Blatt bemerke. Es schwebt zwischen uns zu Boden und ich drehe mich zu dem Baum hinter uns um. Ich erkenne, dass es Herbst geworden ist und ich bin irritiert...
Mit einem leicht empörten Ausdruck in meiner Stimme stell ich meine Frage: „Warum ist es Herbst, wenn ich doch gerade die Phase der Mutter, die ebenso den Sommer symbolisiert, körperlich erlebe? Und du bist auch noch hier?“, als wäre das ein Widerspruch in sich. Die Mutter lächelt milde. Ihre Worte sind wie das Plätschern eines Waldbachs, beruhigend und sanft und doch steckt sehr viel Lebendigkeit darin: „Wie im Außen so im Innen. Sieh dir das Blatt an. Es ist nicht tot, auch wenn du es augenscheinlich glauben magst. Ihr Menschen sagt 'totes Laub', aber so ist es nicht. Zwar ist es nun vom Baum, seiner Mutter getrennt, aber es verändert sich. Veränderung ist der Fluss des Lebens. Schließlich landet es auf der Erde. Es zerfällt. Ja, es stirbt. Aber nicht wirklich. Sieh genau hin. Aus ihm entsteht etwas Neues. Neuer Boden, der Halt gibt, den Raum für das Wurzelgeflecht hält und somit wieder mit dem Baum verbunden ist, ihn nährt und seine zarten Samen behütet. Sieh ins Außen. Es stirbt, aber das Neue ist bereits da. Der Samen ist gesät. Sei du wie das Blatt, lass los, befreie dich und lasse Altes hinter dir. Lass es sterben, dann kann Neues entstehen und du kannst als Erde den Raum für deine Schwestern und Brüder halten. Erde verbindet. Wie du. Und ein totes Blatt wandelt sich. Es ist eine kraftvolle Transformation. Etwas, was zuvor vielleicht leblos gewirkt hat, wird zu etwas fruchtbarem, nährendem. Zu Boden, auf dem alles wächst und gedeiht. Sei du der Boden!“ Ich sehe das Baby in meinem Armen und erkenne das, was schon da ist. Das Licht, das geboren werden möchte. Und ich spüre die Lage im Außen. Der Tod mit dem die Angst schwingt, wofür dieses Blatt ebenso stehen mag. Wir haben die Chance etwas Großes daraus zu bewirken. Jetzt.
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